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4.6.2003 Fläche im Raum: ''Gedächtnis – Identifikation''

 

Mit der Geschichte eines Baumeister Schlucker, der sich einst beim Bau der Mauer des Lainzer Tiergartens so stark verkalkuliert hatte, dass er völlig verarmte und die Mauer selbst fertig bauen musste, leitete die Moderatorin Maria Aumayer die letzte Veranstaltung der ''Fläche im Raum'' Reihe im AZW ein. Die Geschichte wäre an sich nicht so besonders wichtig, würde nicht bis in unsere Zeit der ''arme Schlucker'' im Gedächtnis behalten und mit einem armen, aber ehrenhaften Menschen identifiziert.

Der bekannte und erfolgreiche französische Architekt George Descombes stellte in seinen Arbeiten an Flächen dar, wie Ereignisse, die im Gedächtnis verhaftet bleiben, mit Orten identifiziert werden. Zuerst muss man die Geschichte eines Ortes verstehen, dann erst kann man so weiter bauen, dass es dem Ort entspricht. Alles, was heute sinnlos erscheint, hatte irgendwann seinen Sinn. Und es ist nicht leicht, etwas nicht nur körperlich, sondern auch im Gedächtnis zu zerstören. Aus diesem Grund verfolgt er bei seinen Arbeiten gerne das Prinzip: ''Wir lassen etwas, was da war, zurück und geben etwas neues dazu'', nur so entsteht Identifikation auch mit Neuem. Die Geschichte (des Ortes) wird damit sozusagen zum ''Appetitanreger'' für Neues.
Die Umsetzung dieser Ideen zeigte Descombes beeindruckend an einem spektakulären Beispiel:
In Amsterdam stürzte ein Großraumflugzeug über einer Wohnsiedlung für Immigranten ab, die Anzahl der Todesopfer konnte wegen der großen Zahl illegaler Bewohner nie genau eruiert werden. An der Stelle des zerstörten Plattenbaus sollte ein Denkmal entstehen. In Umsetzung seiner Philosophie (wir lassen etwas zurück) hinterließ Descombes an der Stelle des zerstörten Wohnhauses im Boden den Grundriss des Gebäudes, er nennt es den ''Fußabdruck'' des Gebäudes. Diesem Element der Erinnerung fügte er im Laufe der Zeit (im Sinn eines ''wachsenden Monumentes'') neue Elemente hinzu. Einen Weg in der Achse, in der einst die Feuerwehren zum Einsatz fuhren, Brücken und Brunnen als positive Elemente und Wasserflächen als ausgleichende, ruhige Elemente. Der Platz werde so zum Denkmal, das mit der Katastrophe identifiziert wird und die wohl unauslöschlich im Gedächtnis bleibt.
 
Die Identifikation ganzer Orte und Regionen mit ihrer Geschichte als Gebiet der frühen Industrialisierung, die Erhaltung des Gedächtnisses an die Vergangenheit stellte der Portugiesische Architekt Providiencia in den Mittelpunkt seines Vortrages. Wege entlang alter Kraftwerksgänge werden mit für die Gegend typischen, schwarzen Großplatten (aus schwarzem Beton) ausgelegt. Die Fläche dient hier auch als Basis, als ''Schreibgrund'' für die Beschreibung des Industriedenkmales.

Erst Tage nach den Vorträgen und den Begegnungen mit den faszinierenden Persönlichkeiten internationaler Landschaftsarchitektur fügte sich für den (architektonisch ungebildeten) Berichterstatter über die Veranstaltungen ein Bild über die Zusammenhänge der sehr gut besuchten und fachlich hoch stehenden Vortragsreihe:
Nicht nur der Bezug zur aktuellen Umgebung durch die Integration in die Szenographie des Ortes, sondern die Integration in das Gedächtnis der Menschen und an das, was mit dem Ort identifiziert wird, sind die entscheidenden Elemente, die eine neue, architektonisch wertvolle Flächengestaltung auszeichnen. Die Kenntnis der Technologien, die es ermöglichen das Bild das im Gedächtnis ist, das Bild mit dem der Ort identifiziert wird, sind unumgängliche Voraussetzung für hochwertige, wertvolle Flächengestaltung.

 

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